Keine Obdachlosigkeit bis 2030 – so lautet das Ziel des EU-Parlaments für ganz Europa. Auch Hamburg macht mit. Muss, denn im vergangenen Jahrzehnt hat sich die Zahl von Menschen, die in Parks, Gärten oder U-Bahnstationen übernachten müssen, fast verdoppelt: 1.910 Obdachlose zählte die Sozialbehörde 2018 in der Hansestadt, wobei Menschen ohne festen Wohnsitz dabei nicht berücksichtigt werden. Die Dunkelziffer dürfte laut Sozialarbeitenden und Initiativen der Obdachlosenhilfe also deutlich höher liegen.

Betroffene Menschen verdienen es, gesehen zu werden, ist das Credo des Projektes UWE. Es schafft Perspektiven für obdachlose und wohnungslose Menschen. Eigentlich heißt die Initiative des Jobcenters Hamburg „Aktivcenter für Wohnungslose“, doch UWE hat sich eingebürgert. „Mit dem Namen wollten wir die Stigmatisierung als ein Jobcenter-Projekt aufheben. Die Hemmschwelle ist so niedriger, Hilfe bei uns zu suchen“, erklärt Projektkoordinatorin Sonya Labidi.

Zurück ins Leben in den eigenen vier Wänden

Und Hilfe wird benötigt, dringend. Menschen, die Unterstützung bei UWE suchen, sind häufig auf Arbeitslosengeld II angewiesen, haben vielleicht einen Migrationshintergrund oder leiden unter psychischen Problemen. Sie finden sich ganz unten in der Hierarchie des Immobilienmarkts wieder. Es erfordert ein Team aus Sozialarbeitern, Sozialpädagoginnen, Erziehungswissenschaftlern, Soziologinnen und Coaches, um sie dabei zu unterstützen, ins Leben zurückzukehren. Seit 2012 begleitet das zwölfköpfige Team bis zu einhundert Personen dabei, Fuß auf dem Wohnungsmarkt zu fassen.

„Eine eigene Wohnung oder ein Zimmer, wo man die Tür schließen kann, sich in Sicherheit fühlt, zur Ruhe kommen kann – das hat eine große Bedeutung“, weiß Sonya Labidi. Und so stellt ein sicherer Schlafplatz in vielen Fällen den ersten Schritt aus der Abhängigkeit dar – in vielerlei Hinsicht. Besonders Frauen, die als „Couch-Hopper“ bei anderen Menschen auf dem Sofa übernachten, werden ausgebeutet: Für die Unterkunft wird eine Gegenleistung – häufig sexueller Art – erwartet. In solchen Fällen reagiert das UWE-Team schnell und arrangiert für die Betroffenen eine Bleibe in einer Wohnunterkunft der Stadt Hamburg.

Sind die Grundbedürfnisse erstmal gesichert, bereitet UWE die Teilnehmenden des Programms darauf vor, in eine eigene Wohnung ziehen zu können: Sind alle Unterlagen vorhanden? Welche Anträge können gestellt werden? UWE hilft beim Entziffern des Beamten-Deutschs oder begleitet bei Behördengängen„Vor allem möchten wir einen Raum schaffen für unsere Klienten, in dem sie sich wohlfühlen“, betont Antonia Lohse, Betreuerin und Teamleiterin. „Bei uns können die Menschen so sein, wie sie sind, mit all ihren individuellen Problemen. Wir hören zu – und wir helfen.“